Lektionen in Demut – oder: wie man Unfälle durch Poker spielen vermeidet

von HAPEK | 23.04.2022

Kategorie: Entscheidungskompetenz, Poker, Lebenslektion

Lektionen in Demut – oder: Gottseidank nur Chips
Lessons in humility - or: Thank God only Chips (English Version below)

 

Letze Woche im Grand Casino Aš Pokerroom war (mal wieder) der Wahnsinn. Es fühlt sich immer wieder an wie „nach Hause kommen“. Dank Sandro Greulich, seinem Team und jedem einzelnen Lieblings-Dealer.

Dass ich ein Turnier gewonnen habe und zwei weitere Male in die Geldränge gekommen bin, war das Sahnehäubchen von 5 phantastischen Tagen.

Die Geschichte, die ich aber eigentlich erzählen möchte, ist eine ganz andere. Es ist eine Geschichte über eine unbezahlbare Lebenslektion, wie sie einem Poker erteilen kann. Nur Poker? Nein – aber im Nachhinein betrachtet bin ich dermaßen froh, dass es eine Spielsituation war – und nicht im „echten Leben“ passiert ist.

Es ist der letzte Tag, wir spielen das Abschluss-Turnier am Sonntag. 140 Spieler sind angetreten, 12 davon sind noch im Rennen. Wir haben die Geldränge bereits erreicht. Ich kann mit meinen bisherigen Entscheidungen sehr zufrieden sein, auch dank dem „betreuten Pokern“ meines Team-Mates und Freundes Sven Szamiteit, der immer ein wachsames Auge auf mich hat – und das brauche ich offensichtlich auch.

 

Entgegen meiner Routine bitte ich Sven, mir ein Bier zu bestellen. Erst weigert er sich – aber es ist Tag 5, 2 Uhr Nachts, wir haben bereits 8 Stunden im Turnier gespielt und irgendwie kann ich ihn davon überzeugen, dass ich mir diese tschechische Hopfenkaltschale redlich verdient habe.

 

Wir sind shorthanded und nähern uns der Final Table Bubble. Ich liege gut im Rennen, irgendwo im guten Mittelfeld – wir sind alle sehr short. Der Durchschnitt liegt bei etwa 15 Big Blinds.

Ich nippe an meinem Bier und schaue in meine Karten, finde die Snowmen – Pocket 88.

Ich überlege kurz.

Und stelle All In.

Alles.

Den kompletten Stack.

Prinzipiell ist das keine soooo schlechte Idee. Die Blinds und Antes sind schon so hoch, dass ein Steal durchaus Sinn macht.

Nicht aber in dieser Konstellation.

 

Es sind ausreichend kleinere Stacks als ich im Turnier.

Wenn ich „normal“ erhöhe und jemand geht nochmal drüber, kann ich bequem noch wegwerfen und sogar halbwegs ordentlich weiterspielen. Ich rechne mich sogar zu den überlegeneren Spielern in verbleibenden Teilnehmerfeld. Es gibt eine Vielzahl an Gründen, warum ein All In hier keine gute Idee ist. Gar keine Gute Idee.

In dem Moment, in dem ich meine Chips über die Linie schiebe, weiß ich es bereits: Das geht schief.

Und das was danach kommt, ist die Hölle. Es ist vergleichbar mit den Sekunden vor einem Car Crash: Man sieht, was passiert und erstarrt ob des unausweichlichen Aufpralls. Es fühlt sich elend an. Körperliche Schmerzen, geistiger Matsch. Nebel. Boden unter Füßen verschwindet. Freier Fall. Übertreibe ich? Leider nein.

Es kommt, wie es kommen muss: Ein nach mir folgender Spieler kann es kaum erwarten seine Chips in die Tischmitte zu bringen.

Call.

Er hat die Kings, ein paar Könige.

Ich werde sterben – und das auch noch gegen „meine“ Hand. Am Flop darf ich sogar nochmal kurz Hoffnung haben, doch das Board läuft gegen mich aus und ich bin raus. Von jetzt auf nachher. Wegen einer schlechten Entscheidung.

Halt – Stopppp! War die Entscheidung wirklich schlecht?

Wie schon gesagt: Vom Grundsatz her nicht.

Aber ich habe den „Double Check“ vergessen.

Hätte ich mich – wie sonst auch – noch einmal kurz an der Stuhllehne „geankert“ und noch einmal kurz nachgedacht, wäre ich da raus gekommen. Vielleicht wäre ich 5 Minuten später eh aus dem Turnier ausgeschieden – aber das werde ich nie erfahren und es spielt auch keine Rolle.

 

Der double Check hat gefehlt. Das essentiellste Tool, das man immer speziell dann bemühen muss, wenn man eine Entscheidung zu treffen hat, die zum einen nicht trivial ist und die zum anderen in einem Segment gefällt wird, in dem man sich eigentlich gut bis sehr gut auskennt. Man wird irgendwann zu selbstsicher, man wird Fehleranfällig. Und meist sind solche Fehler in der Tat tödlich.

Ich spreche von riskanten Überholmanövern beim Autofahren. Von Sportunfällen bei Extremsportarten. Bergsteiger-Abstürzen. Arbeitsunfällen an schwerem Gerät.

Eigentlich weiß jeder, der in diesen Bereichen hantiert, wie wichtig es ist, trotz aller Routine und Erfahrung – und vor allem in langen, ausdauerraubenden Sessions – nochmals und immer wieder gegen zu checken. Und trotzdem ist man manchmal zu gedankenverloren – schlimmer: zu selbstverliebt, zu selbstvertraut und man „lässt es laufen“. Meistens geht es ja auch gut – doch dieses eine Mal wo etwas schief läuft, kann tödlich sein.

Ich bin an diesem Abend also am Spieltisch „gestorben“ und ich bin unendlich dankbar dafür, dass ich diese Situation so erkennen und erleben durfte. Denn nun werde ich alles daran setzen, auch in allen anderen Bereichen wieder mehr Achtsamkeit zu pflegen, mehr Ruhe in Entscheidungssituationen einkehren zu lassen und vor allem: Der Double-Check wird nicht mehr fehlen.

#feelslikehome #finaltableabo #grandcasinoas #achtsamkeit #entscheidungentreffen

 

 

Lessons in humility - or: Thank God only Chips

 

Last week in the Grand Casino Aš poker room was (once again) insane. It always feels like "coming home". Thanks to Sandro Greulich, his team and every single favorite dealer.

The fact that I won a tournament and made the money two more times was the icing on the cake of 5 fantastic days.

However, the story I actually want to tell is a completely different one. It's a story about a priceless life lesson that poker can teach you. Just poker? No - but in retrospect, I'm so glad it was a gaming situation - and didn't happen in "real life".

It's the last day, we're playing the final tournament on Sunday. 140 players have entered, 12 of them are still in the running. We have already reached the money ranks. I can be very satisfied with my decisions so far, also thanks to the "supervised poker" of my team mate and friend Sven Szamiteit, who always keeps a watchful eye on me - and I obviously need that.

Against my routine, I ask Sven to order me a beer. At first he refuses - but it's day 5, 2 a.m., we've already played 8 hours in the tournament and somehow I can convince him that I've really earned this Czech hop cold.

We are shorthanded and approaching the final table bubble. I'm doing well, somewhere in the good midfield - we're all very short. The average is around 15 big blinds.

I sip my beer and look at my cards, find the Snowmen - pocket 88.

I think about it for a moment.

And put it all in.

All in.

The whole stack.

In principle, this is not such a bad idea. The blinds and antes are already so high that a steal makes sense.

But not in this constellation.

There are enough smaller stacks than I have in the tournament.

If I raise "normally" and someone goes over it again, I can still comfortably throw away and continue playing even halfway decent. I even consider myself one of the more superior players in the remaining field. There are a lot of reasons why an all in is not a good idea here. Not a good idea at all.

The moment I push my chips over the line, I already know: this is going to go wrong.

And what comes after that is hell. It's like the seconds before a car crash: You see what's happening and freeze at the inevitable impact. It feels miserable. Physical pain, mental sludge. Fog. The ground disappears from under your feet. Free fall. Am I exaggerating? Unfortunately no.

It comes as it must: A player following me can hardly wait to bring his chips to the center of the table.

Call.

He has the kings, a few kings.

I'm going to die - and against "my" hand, too. On the flop I can even have hope for a short time, but the board runs out against me and I'm out. From now on. Because of a bad decision.

Stop - stop! Was the decision really bad?

As I said before: Not in principle.

But I forgot the "double check".

If I had "anchored" myself to the back of the chair for a moment - as I usually do - and thought again for a moment, I would have gotten out of there. Maybe 5 minutes later I would have been out of the tournament anyway - but I will never know that and it doesn't matter.

The double check was missing. The most essential tool that you always have to use especially when you have to make a decision that is not trivial on the one hand and on the other hand is made in a segment that you actually know well to very well. At some point, you become too self-confident, you become prone to making mistakes. And in most cases, such mistakes are indeed fatal.

I'm talking about risky overtaking maneuvers when driving a car. Of sports accidents in extreme sports. Mountaineering crashes. Work accidents on heavy equipment.

Actually, everyone who works in these areas knows how important it is to check again and again, despite all routine and experience - and especially during long, endurance-sapping sessions. And yet, sometimes you are too lost in thought - worse: too self-absorbed, too self-confident and you "let it go". Most of the time it goes well - but this one time when something goes wrong can be fatal.

So I "died" at the gaming table that evening and I am infinitely grateful that I was able to recognize and experience this situation in this way. Because now I will do everything I can to cultivate more mindfulness in all other areas again, to let more calm come into decision-making situations and above all: the double check will no longer be missing.

#feelslikehome #finaltableabo #grandcasinoas #mindfulness #decisionmaking

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